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Februar 27, 2023


Die Hospiz Alm in neuem Glanz: Mittags Skihütte, abends Haubenrestaurant

 

Mittags Skihütte, abends Haubenrestaurant: Die Hospiz Alm in St. Christoph hat einiges erneuert, zum Beispiel den Weinkeller. Ein Besuch in Tirols bekanntem Restaurant.

 

Zur Begrüßung erst mal einen Testarossa. Auch wenn man mit knapp zwei Stunden Verspätung auf Ski, bei Nebel und mächtigem Schneefall vom anderen Ende des Arlbergs in der Hospiz Alm in St. Christoph ankommt, empfängt der Manager Alexander Pale freundlich und drückt den Ankommenden den rot leuchtenden Drink mit dem bescheidenen Namen in die Hand. „Euer Tisch ist weg, müsst’s halt warten“, sagt der junge Gastronom mit seiner weltmännischen Tiroler Freundlichkeit. Prosecco mit Himbeermark hat er ins Glas gefüllt: „Unser Hausdrink seit der Eröffnung 1988.“

Pale führt an die Bar, Wolfgang Ambros schallt durch die Boxen, im Hintergrund prasselt das Feuer im riesigen offenen Kamin. Kommende und gehende Skifahrer rumpeln in voller Montur an einem vorbei. Und aus der Küche bahnen sich die Kellner den Weg durch die Menge, beladen mit Tiroler Gröstl, Kaiserschmarrn, Brettljausen im Ausmaß ausgewachsener Zirbe. Mittags um halb zwei ist High Noon in der Alm. Gigantische Weinflaschen finden wie von allein in die gemütlichen Stuben, arrangiert ums offene Feuer, wo sich die nationale und internationale Schneesociety an den langen Holztischen versammelt.

Mittags Skihütte, abends Haubenrestaurant

Wenn man nach fünf Jahren mal wieder in die legendäre Hospiz Alm kommt, deren Ruf über Jahrzehnte gekrönte Häupter, Staatschefs, Großindustrielle und Top-Models in die Welt hinausgetragen haben, dann hat sich auf den ersten Blick nichts geändert: mittags lustige Skihütte, abends edles Haubenrestaurant. Auf den zweiten Blick ist das schon anders. Aber dafür muss man in den Keller gehen – und später mit dem neuen Miteigentümer und CEO Erwin Soravia in Wien telefonieren. Um zu erfahren, dass sich im Hintergrund gerade alles wandelt. Weil der erfolgreiche und europaweit agierende Immobilienentwickler und Hoteleigentümer Soravia dann erzählen wird, wie er die Hospiz Alm, das Hospiz Hotel, in eine neue Ära führen will. Wie er als neuer Miteigentümer eigentlich ganz St. Christoph, sein „Hideaway“ auf 1800 Meter Höhe, mit gerade mal 20 Einwohnern und dennoch weltweiter Bekanntheit, aus dem Dornröschenschlaf erwecken will. Mit einem Investitionsvolumen von 200 Millionen Euro. Sein Einstieg mit 51 Prozent am Traditionshaus Hospiz wurde im Februar 2022 besiegelt.

Nun also der Keller. Der Weg hinab ist wie gehabt. Es geht vorbei an all den Fotos mit Prinzessinnen und Fürstinnen, Königen, Politikern und A-Plus-Schauspielern, denen Adi Werner, bald 87 Jahre alt, im Laufe der Jahrzehnte in seiner Alm zuprostete. Seinen Weinkeller, bekannt als die beeindruckendste Bordeaux-Sammlung der Alpen, hat er seit der Eröffnung der Hospiz Alm 1988 strategisch ausgebaut, und dafür mit den wichtigsten Chateaus an der französischen Atlantikküste verhandelt. Ergebnis: Die angesehensten Winzer füllen exklusiv für ihn ab. Auch wenn Hoteliers aus den Nachbarorten Lech und Zug heute sagen, es gebe mittlerweile bedeutendere Keller am Arlberg, ist die Großweinflaschen-Sammlung von rund 10.000 Stück zwischen 1,5 und 27 Litern im Gebinde allemal beachtlich.
Und dennoch musste der Senior zusehen, wie sein Imperium mehr oder weniger den Bach runterging. 1964 übernahm er mit seiner Frau Gerda das Hotel bereits in zweiter Generation, hauchte zeitgleich der Bruderschaft St. Christoph neues Leben ein und setzte mit seinem Luxushotel an diesem geschichtsträchtigen Ort für lange Zeit Zeichen. Seinem Sohn Florian war jedoch weniger kaufmännischer Erfolg zuteilgeworden: Der Verkauf seiner neu errichteten Luxuschalets erfolgte quasi zum Selbstkostenpreis, und der Bau einer 26 Millionen Euro teuren Kunsthalle schien nur den Wenigsten nachvollziehbar. Das Wort „Firmenpleite“ will Erwin Soravia jedoch nicht hören. Mit der Familie Werner ist er seit Jahrzehnten eng befreundet, schätzt sie als großartige Gastgeber und spricht lieber von einem „Investitionsstau“ als einer Pleite. Und deshalb nimmt er sich mehr als nur leidenschaftlich der Sache, dem Umbau und der Gestaltung an. „Die Planungsphase mit den Architekten ist wie Ping-Pong-Spielen“, sagt der 55 Jahre alte Geschäftsmann und lacht. „Da steckt jetzt schon viel Herzblut drin.“

Die Umgestaltung des Kellers bildet nur den Anfang des Masterplans des Wiener Unternehmers, der auch die Ruby-Hotelkette mitbegründet hat, und der derzeit an 5700 Hotelzimmern europaweit beteiligt ist. Die Baustufe 1, die Renovierung der Alm, die er als „die schönste und charmanteste Skihütte der Welt“ bezeichnet, ist abgeschlossen. Wo sich früher Holzkisten und Kartons stapelten, Flaschen aus Platzmangel sogar an der Decke befestigt werden mussten, herrscht heute klare, strukturierte Ordnung hinter Glas und an den Kellerwänden. Die erste augenscheinliche Neuerung ist, dass Gäste, die nicht exklusiv von Alexander Pale oder seinem Vater Karl-Heinz, hier Chefsommelier seit 1988, durch den Keller geführt werden, durch einen neuen gläsernen Kubus von außen in die Schatzkammer blicken können. Auf dem Weg zur Toilette biegt man ab und hat das Gefühl zwischen all den Edel-Flaschen zu stehen. Dies, wie die gesamte Neugestaltung des Kellers, hat Soravia dem Wiener Architekten Gregor Eichinger übertragen. „Er ist einfach der Beste, wenn es um die Inneneinrichtung gastronomischer Konzepte geht“, schwärmt Soravia von Eichingers klarer Ästhetik.

Eröffnet wurde die acht Monate renovierte Hospiz Alm pünktlich zu Weihnachten 2022. Zum großen Fest mit 450 Gästen im Januar wurde dann auch der neu gestaltete Keller der Öffentlichkeit präsentiert. Mit zwei Degustationsräumen, die schick und modern gestaltet sind, aber dennoch eine edle Gemütlichkeit ausstrahlen. Das Altholz wurde aus Tirol und Vorarlberg zusammengetragen. Als Highlight im Keller gilt der sogenannte Adi Werner’s Wine Dome: Man muss sich einen Rundbau vorstellen, der die Edelflaschen angemessen präsentiert, und trotz seiner frischen 15 Grad so feierlich wirkt wie ein sakraler Raum mit einem Altar in der Mitte. An diesem langen Tisch wird jedoch kein Messwein gereicht, sondern Grand Cru der namhaftesten Chateaus geöffnet.

Und während es die 450-köpfige Festgemeinde über zwei Tage bei tiefem Schneetreiben krachen ließ, läuft die komplette Sanierung des Hotels und werden im Hintergrund die Baustufen 3 und 4 des Großprojekts in Angriff genommen. Das Hotel mit dem markanten rosafarbenen Anstrich, dem spitzen Turm, den Dachgauben, der Kapelle, liegt gerade hinter Bauzäunen. Im Dezember 2023 soll das historische Hotel wiedereröffnet werden. Zwei neu errichtete Hotel-Bauten, für die Soravia das Düsseldorfer Architekturbüro Ingenhoven gewinnen konnte, werden später fertiggestellt. Ein Dorfplatz, ein weiteres 4-Sterne-Plus-Hotel, Restaurant plus Mitarbeiterhaus sollen folgen. So die Vision Soravias, der im Moment verhandelt, die Straße, die das Hotel von der Skipiste und der Alm trennt, zu untertunneln. „In sechs bis sieben Jahren sind wir fertig“, sagt Soravia selbstbewusst, der in der 140-jährigen Geschichte seines Familienunternehmens bei Quartierserschließungen schon öfter ganze Autobahnen und Bahnhöfe in Metropolen hat überplatten lassen. „Ich bin ganz zuversichtlich, dass das auch in St. Christoph klappt.“

 

(C) FAZ, 24.2.2023 (zum Artikel)